Der Begriff „Evangelium“ stammt vom griechischen Wort „euangelion“ ab, was „gute Nachricht“ oder „frohe Botschaft“ bedeutet. Im christlichen Kontext bezieht sich das Evangelium auf die zentrale Botschaft des christlichen Glaubens, die Verkündigung des Lebens, des Todes und der Auferstehung Jesu Christi, durch die die Menschheit Erlösung und Versöhnung mit Gott erfährt. Das Evangelium ist nicht nur eine historische Erzählung, sondern die Grundlage des christlichen Glaubens und das Herzstück der christlichen Verkündigung.
Die vier Evangelien des Neuen Testaments – Matthäus, Markus, Lukas und Johannes – sind die primären schriftlichen Zeugnisse dieser Botschaft. Diese Texte, die als die „kanonischen Evangelien“ bezeichnet werden, berichten aus verschiedenen Perspektiven über das Leben und Wirken Jesu. Sie wurden zwischen etwa 60 und 100 n. Chr. verfasst und richten sich an unterschiedliche Gemeinschaften, weshalb sie verschiedene Aspekte des Lebens Jesu und seine Bedeutung für die Menschheit betonen.
Das Matthäus-Evangelium legt besonderen Wert auf die Erfüllung der alttestamentlichen Prophezeiungen und stellt Jesus als den verheißenen Messias dar, der das Königreich Gottes auf Erden verkündet. Es ist in erster Linie an eine jüdische Leserschaft gerichtet und zeigt Jesus als den neuen Mose, der das Gesetz erfüllt und das Volk Israel zu einem neuen Bund mit Gott führt.
Das Markus-Evangelium, das als das älteste gilt, zeichnet sich durch seine Kürze und Prägnanz aus. Es betont besonders die Leidensgeschichte Jesu und stellt ihn als den leidenden Diener dar, der durch sein Opfer die Menschheit erlöst. Dieses Evangelium richtet sich vermutlich an eine römische Leserschaft und hebt die Taten Jesu stärker hervor als seine Lehren.
Das Lukas-Evangelium, das von einem gebildeten Arzt und Begleiter des Apostels Paulus verfasst wurde, betont die Barmherzigkeit und das Mitgefühl Jesu, insbesondere für die Armen, Ausgegrenzten und Sünder. Es ist das Evangelium der universalen Gnade Gottes und zeigt Jesus als den Retter aller Menschen, unabhängig von ihrem sozialen oder ethnischen Hintergrund. Lukas stellt die Geschichte Jesu in einen größeren historischen Kontext und verfolgt eine klare Erzählstruktur.
Das Johannes-Evangelium unterscheidet sich erheblich von den synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas) und konzentriert sich stärker auf die theologische Bedeutung des Lebens Jesu. Es beschreibt Jesus als das „Wort Gottes“, das Fleisch geworden ist, um das Licht und die Wahrheit in die Welt zu bringen. Johannes betont die göttliche Natur Jesu und die Notwendigkeit des Glaubens an ihn für das ewige Leben. Die berühmten „Ich-bin“-Worte Jesu, wie „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Johannes 14,6), sind charakteristisch für dieses Evangelium.
Das Evangelium selbst hat in der christlichen Theologie eine umfassende Bedeutung. Es ist nicht nur die historische Erzählung des Lebens Jesu, sondern wird auch als die Kraft Gottes verstanden, die zur Erlösung führt. In Römer 1,16 schreibt der Apostel Paulus: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt.“ Dieses Zitat verdeutlicht, dass das Evangelium nicht nur eine Nachricht, sondern eine transformative Kraft ist, die das Leben der Menschen verändert.
Neben den vier kanonischen Evangelien gab es in der frühen christlichen Geschichte auch apokryphe Evangelien, die jedoch nicht in den biblischen Kanon aufgenommen wurden, da sie entweder später verfasst wurden oder nicht die gleiche theologische Tiefe und Authentizität aufwiesen wie die kanonischen Evangelien. Diese apokryphen Schriften, wie das Thomasevangelium oder das Judasevangelium, bieten oft alternative oder ergänzende Perspektiven auf das Leben Jesu, sind jedoch für die christliche Lehre nicht verbindlich.
In der Praxis des christlichen Glaubens ist das Evangelium der Kern der Predigt und der Mission. Es ist die Botschaft, die in den Gottesdiensten verkündet wird, die in den Sakramenten wie der Taufe und dem Abendmahl gefeiert wird, und die das Leben der Gläubigen prägen soll. Das Evangelium fordert zur Umkehr, zum Glauben an Jesus Christus und zur Nachfolge auf. Es ist eine Botschaft der Hoffnung, die das Versprechen des ewigen Lebens und der Gemeinschaft mit Gott enthält.
Zusammengefasst ist das Evangelium die „gute Nachricht“ des christlichen Glaubens, die das Leben und die Lehre Jesu Christi verkündet. Es ist sowohl eine historische Erzählung als auch eine theologische Aussage über die Rettung und das Heil, das durch Jesus Christus für die ganze Menschheit bereitgestellt wurde. Die Verkündigung des Evangeliums ist der zentrale Auftrag der Kirche und der Gläubigen, die diese Botschaft in die Welt tragen, um anderen Menschen die Liebe und Gnade Gottes nahe zu bringen.