Kennst du das? Du sitzt am Sabbatvormittag im Gesprächskreis und es kommt kein Gespräch zustande? Der „Lehrer“ monologisiert vor sich hin. Die wenigen Fragen taugen nicht, um ein Gespräch zustande zu springen. Du schämst du fremd, schaust lieber zu Boden. Den anderen Gesprächsteilnehmern geht es ähnlich.
Das muss nicht sein! Es geht auch anders!
Diese kleine Handreichung soll dir helfen deinen Beitrag zu einem bereichernden Bibelgespräch zu leisten, in dem jeder zum Mitdenken angeregt und zu Wortbeiträgen motiviert wird.
Inhalt
Bibelgespräch | NICHT Bibelgespräch |
Wissen zusammentragen Persönlicher Erkenntnisgewinn | Abfragen und prüfen, ob jemand die Lektion durchgearbeitet hat |
Förderung gegenseitigen Verständnisses | Theologie-Battle |
Dialog | Monolog |
Moderation durch Gesprächsleiter | Unterweisung durch einen Lehrer |
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So verschieden unsere Persönlichkeiten sind, so viele Wege gibt es ein Bibelgespräch vorzubereiten. Dabei gibt es kaum ein Richtig oder Falsch. Einige Dinge gilt es trotzdem zu beachten.
Manche beginnen Wochen vorher, manche erst am Vorabend. Bewährt hat sich bei vielen am Beginn der Woche zu starten. Dann hat man nämlich Zeit mit dem Thema „schwanger zu gehen“, d.h. Assoziationen, Gedanken und Ideen zu sammeln. Wenn man sich mit einem Thema beschäftigt, nimmt man seine Umwelt oft anders wahr. Der Blick wird für die gleiche Sache geöffnet. Bsp.: Ich habe E-Bikes recherchiert, vielleicht schon gekauft, und jetzt sehe ich gefühlt überall E-Bikes der gleichen Marke.
Lies die Bibelstellen und ggf. auch den Kontext. Nutze zum Erfassen der Texte bspw. die Discovery-Methode.
Je vertrauter man mit den Texten ist, desto leichter fällt es tendenziell den Schwerpunkt für das Gespräch zu setzen, denn oftmals wird man es kaum schaffen alle Aspekte und Texte ausführlich zu besprechen, da in manchen Wochen gleich eine Reihe von Themen angesprochen wird.
Kontext und Parallelstellen
Was ist der unmittelbare und größere Zusammenhang der Texte und der Lektion? Gibt es ähnliche Abschnitte in der Bibel? Was für Personen sind beteiligt und wer spricht zu wem?
Geschichte und Kultur
Welche Zeit wird in dem Bibelabschnitt behandelt? In welcher Epoche und Kultur lebte der
Verfasser des Textes? Welches sind die damaligen weltgeschichtlichen und gesellschaftspolitischen Umstände?
Sprachliche und literarische Analyse
In welcher Sprache wurde das Buch geschrieben? Gibt es unklare Wortbedeutungen? Übersetzungsschwierigkeiten?
Gibt es sprachliche Eigenheiten, die im Deutschen nicht sichtbar werden? Haben bestimmte Wörter einen Bedeutungswandel durchgemacht?
Um was für eine Textart handelt es sich: um einen geschichtlichen Bericht, ein Gleichnis, Poesie, Prophetie, etc.? Ist der Text symbolisch oder buchstäblich zu sehen?
- Verschiedene Bibelübersetzungen
- Bibelkommentare
- Bibelapps mit Suchfunktion
- Logos
- Schlachter Studienbibel App
- Sekundärliteratur
- Atlas (allg. oder zur Bibel)
- Lexika
- Konkordanz
Die Kunst des Fragens
Fragen lösen beinahe automisch ein Nachdenken aus, weil sie nach einer Antwort verlangen. Wie stark diese Wirkung ist, hängt von der Art der Frage ab. Das entscheidenste Kriterium ist dabei, ob die Frage offen oder geschlossen ist:
Geschlossene Fragen wie ja/nein-Fragen und Wissens(ab)fragen („katechetische Fragen“) sind eher ungeeignet, um das Denken und Gespräche anzuregen, weil sie zu wenige Antwortmöglichkeiten offenlassen. Offene Fragen sind meist W-Fragen (Was, were, womit, warum, wann, wie, wo, …).
Geschlossene Frage: offene Frage:
Lässt nur wenige (oft nur eine oder zwei) Lässt mindestens zwei, eher mehr,
Antwortmöglichkeiten zu. Antwortmöglichkeiten zu.
„Fiel es Abraham leicht seinen Sohn zu opfern?“ „Wie fühlte sich Abraham als Gott ihn aufforderte Isaak zu opfern?“
Sind häufig Wissens(ab)fragen („katechetische Aktivieren das Denken, laden
Fragen“) zum Gespräch ein
„Wer taufte Jesus?“ „Was denkt ihr, warum Jesus sich
taufen ließ?“
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Wenn du merkst, dass ein Redebeitrag Fragen offenlässt, kannst du Präzisionsfragen stellen. „Wie meinst du das (konkret)?“ oder „Was genau meinst du mit…/Was verstehst du unter …?“. Somit beugst du Missverständnissen vor bzw. dass man „aneinander vorbeiredet“.
Mit einer Begründungsfrage kannst du herausfinden welche Argumente hinter einer Aussage/Behauptung stehen: „Was für Gründe gibt es dafür?“, „Wie begründest du das?“,
Eine zwar geschlossene, aber oft nützliche Frage ist die Bestätigungsfrage. Mit ihr lässt sich überprüfen, ob das Gesagte korrekt verstanden wurde: „Habe ich dich richtig verstanden, dass du meinst, dass …?“.
Doppelfragen sind ungünstig, weil die TN nicht wissen, auf welche sie denn nun antworten sollen. Bsp.: „Was für Situationen können zu unterschiedlichen Meinungen führen und wie gingen die ersten Apostel mit Streit um?“
Weitere Informationen zum Thema „Fragen“ findest du im SabbatschulWiki (siehe Abschnitt Ressourcen).
Aufbau des Gesprächs
Wenn der Inhalt bekannt ist und der Schwerpunkt feststeht, kann mit Hilfe von drei Leitfragen ein Gesprächskonzept erstellt werden.
- Welches Ziel soll erreicht werden? Worauf wollen wir hinaus?
- Welche Schlüsselwörter bzw. -aspekte sollen auf dem Weg erläutert und erarbeitet werden (Bsp.: „Gerechtigkeit aus dem Glauben“, „Heiligung“, „Sünde“, etc.)?
- Wie steigt man in das Thema ein, sodass die Teilnehmer (TN) angesprochen werden und sich gerne mit einbringen? (Bibeltext, Frage, Gegenstand, etc.)
Einstieg (20%)
- – keine langatmige Einführung in Monologform
- + kurz und verständlich
- + Frage nach persönlichem Erleben, Erinnerungen, Gefühlen, sodass jeder etwas beitragen kann, ohne befürchten zu müssen etwas „Falsches“ zu sagen.
- + anschaulich, bildhaft
- – keine Theorien oder Prinzipien
- + Soll einen Zusammenhang mit dem Thema der Lektion haben
Mittelteil (40%)
- Wissen(swertes) zusammentragen:
- Begriffe erklären
- Hintergrundinfos wie politische, gesellschaftliche, kulturelle, religiöse Situation
- AT/NT Kontext
- Schaffung der Grundlagen für den Schlussteil
Schlussfolgerung (40 %)
- Bedeutung der Aussagen von damals für die heutige Zeit: noch 1:1 gültig oder „nur“ ein Prinzip?
- Anwendung für das Land, die Gemeinde, für mich als Individuum
- Was können wir lernen und wie wenden wir das Gelernte an?
Es ist natürlich dir überlassen wie genau du dich an dein Konzept hältst oder inwiefern du davon abweichst, wenn du dich sicher genug fühlst.
Gesprächsführung
Als GL sorgst du dafür, dass die Gruppe beim Thema bleibt (siehe Schwerpunkt) und gibst dem Gespräch Struktur. Für den Übergang zum nächsten Schritt bietet es sich an das Gespräch zwischendurch kurz zusammenzufassen, um dann den nächsten Text anzugehen. Außerdem sorgst du dafür, dass die Zeit entsprechend des groben Ablaufplans (siehe oben) genutzt wird.
Den Abschluss solltest du als GL mittels einer kurzen Zusammenfassung (max 2 Sätze) übernehmen, wenn es dir möglich ist. Schließe nach Möglichkeit den Rahmen, den du zu Beginn geöffnet hast.
Wenn es rege Mitarbeit gibt, musst du „den Verkehr regeln“, d.h. sowohl den Überblick über die Reihenfolge der Wortmeldungen behalten, aber trotzdem auch weiterhin Struktur zu schaffen.
Als GL solltest du neutral bleiben. Sobald du diese Position verlässt, kann es sein, dass du mit der Verteidigung der Meinung beschäftigt bist und deine eigentliche Funktion als GL nicht mehr ausführen kannst.
Flexibel zu bleiben ist trotz deines eigenen Fahrplans unabdingbar. Dazu muss man auf die Gruppe zu hören. Das braucht Übung, aber es lohnt sich.
Umgang mit besonderen Situationen
Überlege dir für folgende Situationen,
- für welche Fälle du als GL eine mögliche Mitverantwortung trägst,
- wie es dazu kommen kann/konnte und wie du eine solche Situation ein anderes Mal vermeiden kannst,
wie du im Moment darauf reagieren willst.
- Niemand antwortet dir auf deine (Start-) Frage!
War die Frage evtl. zu leicht oder zu schwer?
Vielleicht waren bei der (Start-)Frage noch nicht alle in den „Startblöcken“. Ruhe, Stille und Schweigen sollen auch eine Zeit langausgehalten werden. Wurde die Frage nicht richtig verstanden? Gleiche Frage in leicht veränderter Form (ev. pointierter) noch einmal stellen.
2. Was tun mit den Dauerrednern und den Schüchternen?
Dauerredner
- Grundsätzlich braucht man sie nicht mit Glacéhandschuhen anzufassen.
- Bei der erstbesten Gelegenheit dankend unterbrechen und sofort fragen, was die andern dazu meinen.
- Nur jedes zweite, dritte, vierte Mal beachten.
Schüchterne
- Ihnen muss man besonders Sorge tragen und die leiseste Regung einer möglichen Wortmeldung aufnehmen; ermutigen, ermuntern.
Vor allem bei ihnen auf nonverbale Äußerungen achten.
3. Die Gruppe fragt dich als GL nach deiner Meinung. Wie reagierst du?
Die GL ist neutral. Wenn sie diese Position ausnahmsweise verlässt, soll sie das signalisieren (z. Bsp. verbal oder ev. sogar durch einen Platzwechsel).
Merke: In der Gruppe zusammen erarbeitete Erkenntnisse sind bessere Erkenntnisse als von vorne dozierte Weisheiten.
4. Eine GT macht der GL einen verdeckten Vorwurf: „Ich möchte jetzt wieder zur Lektion zurückkehren!“
Evtl. ist der Vorwurf falsch ===> sofort „kontern“: „Wir sind im Abschnitt vom Dienstag.“ Oder falls es sich tatsächlich so verhält, muss ich als GL genau wissen, weshalb ich nicht der Lektion folgen will. Aber: Nicht unbedingt sich selber verteidigen – notorische Nörgler gibt es immer und überall.
5. Neue GT kommen zehn Minuten zu spät. Es gibt Unruhe.
Warten, bis Ruhe eingekehrt ist, dann kurz (kurz!) zusammenfassen und dort weiterfahren, wo der Unterbruch erfolgt ist.
6. Eine GT spricht willig und rührend, aber leider völlig am Thema oder an der gestellten Frage vorbei.
Dankend unterbrechen, nach Möglichkeit ein Stichwort aufnehmen und eine Brücke zum Thema schlagen. Falls dies nicht möglich ist: Dankend quittieren und freundlich erwähnen, dass es nicht die Antwort zur gestellten Frage war.
Beispiel: „Vielen Dank für deinen Beitrag. Er hat allerdings nicht (ganz) darauf geantwortet, was ich gefragt habe. Ich möchte deshalb noch einmal zum Thema zurückkommen und meine Frage wiederholen: Warum hat….?“
7. Zwei GT unterhalten sich privat während der Gesprächsrunde.
. „Gehört es zum Thema?“ „Sag es doch bitte so, dass alle es hören können!“ Vorsicht allerdings vor (allzu viel) Moralin. Eine gewisse Toleranz braucht man als GL. Vertrautheitsgrad zwischen GL und GT beachten: Je weniger vertraut oder je gespannter das Verhältnis, desto vorsichtiger muss die Reaktion ausfallen und desto mehr Toleranz ist von der GL gefordert.
8. Die Antwort einer GT wird von einem andern Mitglied als banal disqualifiziert.
Gegenfrage an die Kritisierende: „Wie würdest denn du das formulieren?“ oder „Lässt sich denn diese Frage auch kompliziert beantworten?“ Die Kritisierende nicht (direkt) zurechtweisen (wieder gilt: möglichst kein Moralisieren). Trotzdem darf sie aus der Antwort der GL erkennen, dass ihr Beitrag unhöflich war und
dass schwächere oder schüchterne Teilnehmerinnen den Schutz der GL genießen.
SabbatschulWiki: https://wiki.sabbatschule.at/
Eine regelmäßig aktualisierte Seite der österreichischen Union mit wertvollen Ressourcen:
- Aktuelle Betrachtungshilfen verschiedener Autoren
- Tipps und Impulse
- Vielfältiges weiteres Material
Sabbatschule-App
Aufzeichnungen von Bibelgesprächen
YouTube -Kanal vom Seminar Schloss Bogenhofen:
Hope Media: Die Bibel. Das Leben – www.diebibel-dasleben.de