Die Pharisäer waren eine bedeutende jüdische Gruppierung zur Zeit des Zweiten Tempels (etwa 515 v. Chr. bis 70 n. Chr.), die vor allem für ihre strenge Auslegung und Einhaltung der jüdischen Gesetze und Traditionen bekannt war. Ihr Name leitet sich vermutlich vom hebräischen „Peruschim“ ab, was „die Abgesonderten“ bedeutet, und verweist auf ihre Bestrebung, sich durch eine besondere Hingabe an das Gesetz und die Reinheitsvorschriften von der allgemeinen Bevölkerung abzuheben. Die Pharisäer legten großen Wert auf die mündliche Überlieferung, die sogenannte „mündliche Tora“, die sie neben der schriftlichen Tora als verbindlich betrachteten.
Was glaubten die Pharisäer?
Theologisch vertraten die Pharisäer mehrere Ansichten, die sie von anderen jüdischen Gruppierungen wie den Sadduzäern unterschieden. Sie glaubten an die Auferstehung der Toten, das Leben nach dem Tod, Engel und Dämonen sowie an die Vorsehung Gottes, die jedoch den freien Willen des Menschen nicht ausschloss. Diese Vorstellungen fanden auch Eingang in das spätere rabbinische Judentum, dessen Traditionen sich stark auf die Lehren der Pharisäer stützen.
Waren die Pharisäer alle Heuchler?
Im Neuen Testament, insbesondere in den Evangelien, werden die Pharisäer häufig in einem negativen Licht dargestellt. Jesus kritisierte sie oft wegen ihrer Heuchelei, ihrer Überbetonung äußerer Reinheit und ihrer Vernachlässigung der „wichtigeren Dinge des Gesetzes“ wie Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Treue (Matthäus 23,23). Diese Auseinandersetzungen zwischen Jesus und den Pharisäern spiegeln jedoch auch die innerjüdische Debatte über die richtige Auslegung des Gesetzes und die wahre Frömmigkeit wider. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Pharisäer als Heuchler galten und dass einige, wie der bekannte Pharisäer Nikodemus (Johannes 3) und der Apostel Paulus, eine positive Rolle in der neutestamentlichen Erzählung spielen.
Das Vermächtnis der Pharisäer
Die Pharisäer hatten einen starken Einfluss auf die Synagogenbewegung und das religiöse Leben in der jüdischen Diaspora. Ihre Betonung des Studiums der Tora, des Gebets und der Einhaltung der Gebote prägte das Judentum nachhaltig und legte den Grundstein für das rabbinische Judentum, das nach der Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahr 70 n. Chr. die führende Form des Judentums wurde. Ihre mündlichen Traditionen wurden später im Talmud festgehalten und bilden bis heute die Grundlage der jüdischen Gesetzesauslegung.
Zusammenfassung
Zusammengefasst waren die Pharisäer eine einflussreiche Gruppe, die durch ihre Hingabe an das Gesetz und ihre Entwicklung der mündlichen Tora wesentlich zur Formung des rabbinischen Judentums beigetragen hat. Obwohl sie im Neuen Testament oft kritisch dargestellt werden, ist ihr Erbe in der jüdischen Tradition von großer Bedeutung, da sie eine Brücke zwischen dem antiken Judentum und dem modernen rabbinischen Judentum bilden. Ihre Lehren und Praktiken haben die jüdische Religiosität über Jahrhunderte hinweg geprägt und sind auch heute noch in vielen Aspekten des jüdischen Lebens erkennbar.